Familie ist da, wo das Leben beginnt und die Liebe niemals endet

(Foto: © Sebastian Winterscheid)

Traditionell, Patchwork, gleichgeschlechtlich oder alleinerziehend: Sächsische Familien sind heute vielfältig. Die Werte Zusammenhalt und Gemeinschaft einen sie

Für Felix Stierl war es von Anfang an klar: Er wird Laura heiraten. „Das gehört dazu. Wir kennen es so von unseren Eltern. Warum soll man es nicht tun?“, sagt der 33-Jährige aus Hoyerswerda. Seine Frau kennt er seit der gemeinsamen Jugend.

Seit fünf Jahren sind sie ein Paar, im Sommer 2022 haben sie geheiratet. „An meinem 30. Geburtstag hat mir Felix den Antrag gemacht“, strahlt Laura. Im August waren sie im Standesamt. Eine kirchliche Trauung haben sie nicht geplant. „Ich wollte auch, dass die Kleine meinen Namen hat“, sagt Felix und blickt stolz auf die gemeinsame Tochter.

Familie ist für das junge Paar ein sehr hoher Wert. „Familie ist alles“, fasst es Laura zusammen. Sie selbst kommt aus einer Großfamilie. „Ich habe zwei Geschwister und viele Tanten und Onkel. „Wir sehen uns immer zu Familienfesten“, erzählt die 30-Jährige. „Familie ist Liebe und eine schöne Zeit zusammen“, ergänzt ihr Mann Felix.

Das sehen viele Sachsen ähnlich: Laut Statistischem Landesamt lebten im Jahr 2020 im Freistaat rund 500.000 Familien mit Kindern. Das ist knapp ein Viertel (23 Prozent), das sich für diese Lebensform entschieden hat. Der Bundesdurchschnitt lag zu der Zeit bei 28 Prozent. Wesentlich häufiger (46 Prozent) sind die Sachsen allerdings alleinstehend. Und knapp ein Drittel sind Paargemeinschaften ohne Kinder (31 Prozent).

„Nicht die Form der Familie ist entscheidend. Sondern es kommt darauf an, dass sich Kinder zu Persönlichkeiten entwickeln können.“

Ines Saborowski 
CDU-Familienpolitikerin

Die CDU-Familienpolitikerin Ines Saborowski sagt: „Schon im Grundsatzprogramm der sächsischen Union steht: Familie ist eine Verantwortungsgemeinschaft. Sie ist für uns überall dort, wo Eltern für Kinder und Kinder für Eltern dauerhaft Verantwortung übernehmen, und dort, wo Ehepartner und Geschwister füreinander sorgen. Familien geben Halt, Geborgenheit, Vertrauen und Verlässlichkeit. Ohne die Familien wäre unser Land arm dran.“

Felix und Laura Stierl sind gerade mit ihrer jungen Tochter in das eigene Haus gezogen. „Wir bauen gerade noch um. Da ist noch einiges zu tun“, sagt Laura. Unterstützung gibt es dabei von den Eltern und Großeltern. Sie helfen auf dem Bau oder kümmern sich um die Enkelin. „Hier leben vier Generationen zusammen“, verrät Laura. Ihr Mann nickt und fügt hinzu: „Das funktioniert sehr gut. Jeder hat schließlich eine eigene Haustür, die er auch mal zu machen kann“.

„Familie ist alles“, sagt Laura Stierl. Damit meint sie nicht nur Mann Felix und die gemeinsame Tochter, sondern auch Eltern und Großeltern (Foto: © Sebastian Winterscheid)

Gern denken sie und ihr Mann an die gemeinsame Hochzeit, die sie mit der Familie gefeiert haben. „Das ist ein Ereignis, das man so schnell nicht vergisst – es war genau so, wie wir es uns immer vorgestellt haben“, strahlt sie. An weitere Kinder denken sie im Moment nicht. „Man weiß nie, was kommt. Aber gerade wollen wir erst einmal unsere kleine Familie bleiben“, ist sich das junge Paar einig.

Thomas, Ronald und Tochter Claudia

Eine kleine Familie sind auch Thomas Kian-Zenker, sein Ehemann Ronald Zenker und dessen Tochter Claudia, 20, aus Dresden. Der 39-jährige gelernte Koch und der 50-jährige Unternehmer haben sich 2014 das Ja-Wort gegeben. Damals nannte man das noch eingetragene Lebenspartnerschaft, heute ist Ehe für alle die richtige Bezeichnung.

Auch wenn es im Vorfeld innerhalb der großen Familien der beiden vielleicht Vorbehalte gab, haben sie sich nicht von ihrem Weg abbringen lassen. „Das war die schönste Hochzeit, die ich jemals erlebt habe“, hat dann auch Thomas‘ Oma nach der Feier gesagt. Die Vorbehalte sind inzwischen längst vergessen, heute feiert man gemeinsam große Feste und genießt den familiären Zusammenhalt.

Als Thomas Kian-Zenker 2018 das Restaurant Alberthafen übernahm, standen ihm Ronald und Tochter Claudia tatkräftig zur Seite und halfen bei der Renovierung und dem Ausbau. Heute ist das Fischrestaurant auch häufig Treffpunkt für die ganze Familie (Foto: © Sebastian Winterscheid)

Tochter Claudia stammt aus Ronalds erster Ehe. Sie wohnt im Grunde seit Anfang der Beziehung bei den beiden Männern, macht aktuell eine Ausbildung zur Kindergärtnerin. Von 1999 bis 2010 war Ronald schon einmal verheiratet, „weil sich das eben so gehörte“. Damals pendelte er aus beruflichen Gründen zwischen Wien und Dresden und führte eine Zeit lang regelrecht ein Doppelleben. Irgendwann war es genug und er machte reinen Tisch.

Wie er Thomas kennengelernt hat? Ronald lacht, die Geschichte würde einen ganzen Abend füllen. Nur so viel: Sie haben sich 2012 im Freundeskreis kennengelernt. Nachdem Ronald Thomas einen großen Strauß weiße Rosen zur Arbeit geschickt hat, sind sie dann zusammengekommen. „2013 sind wir dann zusammengezogen“.

0Ronald engagiert sich seit 12 Jahren beim CSD Dresden. Einmal im Jahr organisiert er mit seinem Team den großen Umzug durch die Stadt. „Es gibt immer noch zu viele Vorurteile in der Gesellschaft gegenüber Menschen, die nicht das klassische Beziehungsmodell leben“, sagt er.

„Ich wünsche mir viel mehr Akzeptanz und Respekt und dass die Menschen mehr über ihre eigenen Vorurteile nachdenken. Mein Ziel ist, dass wir es schaffen, dass diese Gesellschaft mit allen Lebensformen offen umgeht“, erklärt er. In der Umgebung der Familie Zenker ist das längst der Fall, erklären die beiden: „Für die meisten Menschen in unserer Umgebung ist unsere Beziehung ganz normal. Wir haben da null Sachen auszustehen.“

Die Ultra-Patchwork-Familie

Denny Tran Thiem hat für seinen Familienentwurf einen eigenen Namen. „Wir sind Ultra-Patchwork“, sagt der 37-jährige Dresdner. Vor einige Jahren lernt der Arzt eine alleinerziehende Mutter kennen. Sie beginnen eine Beziehung und Tran Thiem nimmt die Ziehtochter auf.

Mit seiner Freundin hat er zudem eine eigene Tochter. Die Beziehung hält allerdings nicht. Vor drei Jahren trennt sich Tran Thiem. Mit seiner Ziehtochter hat er heute gelegentlich Kontakt. Seine eigene Tochter wechselt wöchentlich zwischen Mama und Papa. „Man muss zwar mehr Absprachen treffen, aber sonst funktioniert dieser Modus sehr gut“, ist Denny Tran Thiem dankbar.

„Ultra-Patchwork” nennt Denny Tran Thiem seine Familie. Seine Ziehtochter (rote Mütze) sieht er gelegentlich. Seine eigene Tochter (gelber Hut) aus erster Beziehung wechselt zwischen Mama und Papa. Wenn alle zusammen sind, dann werden Ausflüge gemacht. Im Sommer gibt es auch mal Eis (Foto: © Sebastian Winterscheid)

Er lebt mittlerweile mit seiner Freundin Maria zusammen. „Für meine eigene Tochter war die neue Beziehung zunächst nicht einfach. Ich musste ihr zeigen, dass meine Liebe für Maria eine andere ist als für sie“, sagt der Dresdner. Mittlerweile nimmt seine Tochter Maria allerdings gut an. „Familie hat für mich einen sehr hohen Stellenwert“, sagt Tran Thiem.

Für ihn ist es wichtig Menschen zu haben, die einen Lieben. „Kinder sind dabei etwas ganz Besonderes. Sie stoßen einen jeden Tag vor Fragen, über die man selbst nie nachgedacht hat“, sagt der Familienvater. Offen über Wünsche und Träume sprechen: Das ist Tran Thiem wichtig. „Es lohnt sich, mit der Familie früh über die eigenen Wertevorstellungen zu sprechen“, weiß der junge Vater.

Seinen Kindern möchte er den bedingungslosen Rückhalt ihrer Eltern mitgeben. Mit seiner Freundin Maria spricht er offen über die gemeinsame Zukunft. „Es ist zum Beispiel wichtig zu klären, ob man sich ein gemeinsames Kind vorstellen kann“, sagt er und ergänzt: „Auch die Frage, ob man heiraten möchte, muss geklärt werden“. Tran Thiem war noch nicht verheiratet. Bei seiner Freundin Maria ist der junge Mann sich aber sicher: „Wir beide wollen heiraten und zeigen, dass wir ein Paar sind“, sagt er.

Die Trennungs-Beraterin

Susanne Pehse trennte sich vor sieben Jahren. Seitdem lebt sie allein in Radebeul. Ihre 13-jährige Tochter und der 9-jährige Sohn wechseln zwischen Mama und Papa. „Meine Tochter hat sich dazu entscheiden, nur am Wochenende zum Vater zu gehen. Mein Sohn ist da eher ein Abenteurer. Er wechselt jede Woche“, verrät die 40-Jährige.

Susanne Pehse hat sich vor sieben Jahren von ihrem Mann getrennt. Mitten drin: die beiden gemeinsamen Kinder. Ihre persönliche Erfahrung hat sie zum Beruf gemacht. Eltern zu helfen, ihren Kindern die Trennung verständlich zu machen, ist eine ihrer Aufgaben. Dafür ist sie auch auf Instagram und YouTube aktiv (Foto: © privat/Susanne Pehse)

Susanne Pehse ist es wichtig ihre Werte an die Kinder weiterzugeben. „Zum einen sollen sie Verantwortung für ihr Denken und Handeln übernehmen. Zum anderen sollen sie Optimismus und Authentizität zeigen“, sagt die Mutter.

Immer für die Kinder da zu sein, kann auch anstrengend werden. Die Alleinerziehende muss viel Verantwortung stemmen. „Ein großer Freundeskreis und eine gute Struktur im Alltag helfen da sehr“, weiß Susanne Pehse.

Die ehemalige Projektmanagerin machte ihre eigenen Trennungserfahrungen zum Beruf. „Heute begleite ich Eltern, die selbst in einer Trennung sind“, sagt sie. „Eltern sind immer Vorbild und tragen dafür die Verantwortung, ihren Kindern eine glückliche Kindheit zu schenken, egal in welcher Familienkonstellation.“

Das sieht auch die CDU-Abgeordnete Ines Saborowski so. Besonders die Wertevermittlung sei eine Aufgabe der Familien. „Hier wächst die Gesellschaft von morgen heran. Nicht die Form der Familie ist entscheidend. Sondern es kommt darauf an, dass sich Kinder zu Persönlichkeiten entwickeln können – ob im klassisches Modell mit Vater, Mutter und Kindern, bei Alleinerziehenden oder als Patchwork-Konzept.“

Die CDU-Fraktion will allen Familien helfen, ihren vielfältigen Aufgaben gerecht zu werden „Familienpolitik ist für uns eine Hauptaufgabe im Landtag. Denn starke Familien sind die Basis unserer Gesellschaft“, betont Saborowski.

mehr
Artikel