Susan Leithoff im Interview: Opas Traum vom Schützenfest

(Foto: © Alexander Fuhrmann)

Auf dem Hof der Familie der Oederaner CDU-Abgeordneten Susan Leithoff wurde zum Schützenfrühstück geladen. Ein gesellschaftlicher Höhepunkt mit Schützenverein, Feuerwehr und Landfrauen. Hier sprachen wir über klassische Werte, Familie und das Gute am Konservativsein

Wir wollen über Werte reden. Mit welchen Werten sind Sie aufgewachsen?
Susan Leithoff: „Mir wurden ganz klassische Werte mitgegeben. Also Pünktlichkeit, Gerechtigkeit, Einsatz und Engagement für andere, nicht immer nur an sich selber denken. Ich bin ja in einer vergleichsweise großen Familie aufgewachsen.“

Und da war man füreinander da?
„Natürlich! Es ging auch nicht anders. Meine Mutter hat mich sehr jung bekommen und es war immer so, dass die ganze Familie für einen da war. Jeder für jeden. Man hat zusammengehalten. Das hat mich geprägt.“

Wer hat Sie da bei den Werten am meisten geprägt?
„Meine Eltern, aber auch meine Großeltern, besonders mein Großvater!“

Was haben Sie von ihm mitgenommen?
„Mein Opa war immer ein Macher. Er war das klassische Familienoberhaupt. Er hat alle Fäden zusammengehalten. So etwas wie Faulheit gab es bei uns nicht. Wir waren immer engagiert und von Kindesbeinen an in sämtlichen Vereinen.“

Er war also recht aktiv – und das zu DDR-Zeiten?
„Mein Opa selbst war über 30 Jahre Vorsitzender unseres Sportvereins in Schönerstadt. Er war auch LPG-Vorsitzender zu seiner Zeit – aber ohne Parteibuch! Dass er das ohne geschafft hat, war ihm besonders wichtig.“

Und heute schaut er vom Himmel runter und freut sich?
„Ja, weil wir bei uns das Schützenfrühstück ausrichten! Er war viele Jahre Mitglied im Schützenverein. Immer war es sein Traum, einmal Schützenkönig zu werden. Und das ist meinem Opa trotz seiner Zielstrebigkeit nie gelungen.“

Aber Ihr Cousin Kurt hat es geschafft?
„Genau! Im letzten Jahr ist Kurt Schützenkönig geworden. Zuvor hat er von meiner Oma Opas Hosenträger bekommen. Die sollten ihm Glück bringen. Und das haben sie!“

Wie stark hat Sie diese wertorientierte Familie geprägt?
„Durch und durch. Sogar meine Berufswahl zur Rechtsanwältin hat damit zu tun. Denn was ich mitbekommen habe, ist ein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn. Wenn ich irgendwo Dinge als Unrecht empfand, dann habe ich mich dafür eingesetzt, dass es gerechter zugeht.“

Wie sind Sie zur Politik gekommen?
„Wir hatten in unserem Ort einen Kindergarten. Es war einer der ältesten in Mittelsachsen. Doch die Stadt wollte ihn schließen. Dieser Kindergarten war bei uns im Ort der soziale Treffpunkt. Wir haben eine Elterninitiative gegründet und um den Erhalt gekämpft.“

Die selbstständige Rechtsanwältin Susan Leithoff wurde 2019 für den Wahlkreis Mittelsachsen 1 als direkt gewählte Abgeordnete in den Landtag gewählt (Foto: © Alexander Fuhrmann)

Also Konservativismus in Reinform.
(lacht) „Ja, wir wollten dieses Alte, Traditionelle bewahren und zukunftsfähig machen. Wir haben ein Ehrenamtskonzept entwickelt. Der ganze Ort hat mitgemacht. Jeder wusste, montags von 10 bis 12 ist derjenige da, von 13 bis 16 ein anderer. Dadurch wäre die Erzieherin nicht allein gewesen und die Stadt hätte keine Extrakosten gehabt.“

Hat es geholfen?
„Leider nein. Es hat am Ende nicht gereicht. Wir haben aber nicht aufgegeben und an einer Alternative für den sozialen Treffpunkt gearbeitet. An der Stelle, wo der Kindergarten stand, haben wir gemeinsam mit der Stadt einen Spielplatz errichtet.“

Dieses Engagement war Ihr Weg in die Politik?
„Irgendwann kamen damals Leute auf mich zu und fragten, ob ich mich nicht im Stadtrat engagieren möchte. Und die CDU kam auch. Ich dachte mir, man sollte nicht immer nur meckern, man sollte auch einfach mal machen. So bin ich in den Stadtrat gekommen, für die CDU, zunächst ohne Parteimitglied zu sein. Von dort war dann mein Weg irgendwie vorgezeichnet. Heute bin ich Kreisvorsitzende, Landtagsabgeordnete und stellvertre- tende Fraktionsvorsitzende.“

Wie modern sind heute noch Werte?
„Werte sollten niemals aus der Mode geraten. Ein grundlegender Wertekanon ist das, was unserem Miteinander das Fundament gibt. Wir können in der Gesellschaft nur miteinander klarkommen, wenn jeder eine gewisse gemeinschaftliche Wertebasis akzeptiert. Zudem ist nicht alles, was unseren Großeltern wichtig war, schon allein deswegen abgedroschen. Ich glaube, an Pünktlichkeit, Gerechtigkeit, Ehrlichkeit und Fleiß orientierten sich unsere Vorfahren, und unsere Nachfahren werden diese ebenfalls mittragen.“

Fleiß und Pünktlichkeit nennt der Volksmund deutsche Tugenden. Wie gehen Sie mit Unpünktlichkeit um?
„Pünktlichkeit hat für mich einen hohen Stellenwert. Aber es ist auch das, wo ich noch am ehesten Verständnis habe, wenn es mal nicht funktioniert. Ich weiß, dass bei einem vollen Terminkalender immer etwas dazwischenkommen kann. Aber Sie werden es bei mir nie erleben, dass, wenn ich zu spät komme, und sei es nur fünf Minuten, dass ich nicht Bescheid gebe.“

Gruppenbild mit Oma! Die Familie ist für Susan Leithoff besonders wichtig und ein Ort, wo sie als Politikerin geerdet wird (Foto: © Alexander Fuhrmann)

Schon bei fünf Minuten?
„Ja. Auch meine Mutter lacht sich kaputt, wenn ich mich zum Kaffeetrinken um fünf Minuten verspäte und deshalb anrufe. Aber das gehört sich für mich so. Man kann sich immer verspäten, dafür habe ich Verständnis, aber man sollte es mitteilen. Dafür macht man schließlich Zeiten aus. Es ist wahrscheinlich auch so ein Anwaltsding, denn Fristen sind da, um eingehalten zu werden.“

Wertverlust ist für unsere Gesellschaft ein Problem…
„… das wir heute leider haben! Weil in unserer Gesellschaft Individualismus um sich greift und damit zunehmend auch Eigennutz an Stellenwert gewinnt. Und dann kommt die Gesellschaft in Schieflage. Konservativ sein, also Werte und die positiven Errungenschaften der Vorfahren zu bewahren, ist also fundamental für unser Zusammenleben. Zudem sehe ich ein ernsthaftes Problem darin, wenn versucht wird, ‚neue Werte‘ von oben herab der Gesellschaft überzustülpen. Wenn sich etwa eine Minderheit daran macht, unter dem Deckmantel von ‚modern oder progressiv‘ einen Wertewandel zu erzwingen.“

Beim Schützenfrühstück packt jeder von der Familie mit an. Da werden in der Küche Semmeln geschmiert, es gibt Barbecue und Suppe (Foto: © Alexander Fuhrmann)

Wie zum Beispiel das Gendern?
„Hier müssen wir differenzieren, um nicht mit Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau – die wichtig und voranzutreiben ist – in Konflikt zu geraten. Gendern ist nicht Gleichberechtigung. Gendern und die Ausbreitung dieser Art der Sprache heißt: Eine Minderheit gibt vor, wie wir sprechen sollen, um damit angeblich oder mindestens vermeintlich andere Geschlechter sichtbar zu machen. Hier wird versucht, ein linkes Weltbild mittels einer wenig praktikablen, grammatikalisch fragwürdigen Sprache in der Gesellschaft zu verankern. Das merken die Menschen. Und die überwiegende Mehrheit möchte das nicht. Für mich persönlich kommt Gendern nicht in Frage, Gleichberechtigung aber schon. Das muss man unterscheiden!“

Was sagen Sie zum Thema Quote?
„Ich bin für echte Gleichberechtigung, aber dafür brauchen wir keine Quote. Echte Gleichberechtigung heißt nämlich nicht Bevorzugung von Frauen, sondern dass Männer und Frauen die gleichen Chancen haben. Die Quote führt aber dazu, dass die Qualität am Ende nicht mehr entscheidend ist, sondern das Geschlecht. Ich denke, ich stehe beispielhaft dafür, dass wir keine Quote brauchen.“

Macht die CDU-Fraktion im Landtag genug, um Werte in unserem Land aufrechtzuerhalten?
„Wir sind diejenigen, die am meisten für die anerkannten gesellschaftlichen Werte kämpfen. Ob das genug ist, darüber kann man streiten. Es kann immer und überall mehr getan werden. Aber von den anderen Parteien sehe ich hinsichtlich dieses Wertekanons wenig.“

Weil draußen zu kalt war und es zu regnen drohte, wurde einfach in der Werkstatt des Familienbetriebes aufgetischt (Foto: © Alexander Fuhrmann)

Welche drei Werte sind für Sie als Politikerin die wichtigsten?
„1. Ehrlichkeit. 2. Gerechtigkeit und 3. selbstverständlich Familie. Drittens deswegen, weil ohne familiäre Bindungen und den Rückhalt der Familie könnte ich kaum meinen Anspruch von verantwortungsvoller Politik erfüllen. Ich würde es nicht schaffen, das notwendige Pensum zu fahren.“

Familie gibt auch Orientierung?
„Und die brauchst Du in der Politik! Meine Familie erdet mich. Sie geigen mir auch mal die Meinung. Wir haben dieses Abkommen – meine Familie, meine Freunde und ich. Sie haben nach der Wahl zu mir gesagt: Bitte erinnere dich immer daran, wer die Susi 2019 ist. Ich habe versprochen, wenn ihr merkt, dass ich mich in irgendeine andere Richtung entwickle, dann tretet mir bitte in den ‚Arsch‘“.

War das bis jetzt schon nötig?
(lacht) „Nein, bis jetzt bin ich – das sagt man mir zumindest bodenständig geblieben und das will ich auch bleiben.“

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